… und Augen zu. Herzlich willkommen zu dieser besonderen Musik-Hörreihe, die ich als kleine Alternativzeit zu den eingeschränkten „Corona-Lebensformen“ bereitstellen möchte. Immer ist es  Musik, die ich bewusst unter einem bestimmten Aspekt ausgewählt habe und euch vorstellen möchte. Wer diese Zeit genießen möchte, wer sein musikalisches Spektrum erweitern oder auffrischen möchte, ist gerne eingeladen, mit mir eine halbe Stunde in die kunstvolle Welt der Musik abzutauchen.

Zu der heutigen Auswahl bin ich von dem aktuellen Gebot der „Maske“ inspiriert worden. Soll die Maske uns heute als Schutz vor Viren dienen, erfüllt sie tatsächlich noch eine zweite Eigenschaft und diese möglicherweise viel intensiver: Wir können mit einer Maske von unseren Mitmenschen nicht mehr zweifelsfrei erkannt werden und umgekehrt brauchen wir manchmal einige Fantasien, um unsere Mitmenschen zu erkennen. Ein spannendes sich begegnen, bei dem es bereits ein Sichtschutz über Mund und Nase problemlos tut. Aber Vorsicht ist geboten: hinter einer Maske kann man sich verstecken, täuschen, eine List oder gar ein Verbrechen ausüben oder selbst zum Opfer werden….

Als stets berauschendes Fest wurde in gehobenen Kreisen deshalb auch der ‚Maskenball’ gefeiert. Allerdings: Die Maske, die bei der folgenden Musikauswahl eine Rolle spielt, ist keine Mund-Nasen-Maske sondern eine weitaus kunstvollere Augenmaske.

Nicht immer trugen alle Gäste eine Maske zu diesen auch ‚Maskerade’ genannten Edelpartys, doch wer z. B. sein junges Verliebtsein nicht öffentlich zeigen wollte, trug einfach eine dieser Augenmasken. Ebenso auch derjenige, der vielleicht einen Seitensprung, eine Intrige oder gar krumme Geschäfte plante.

Literarisch berühmt geworden ist der Maskenball aus Shakespeares „Romeo und Julia“, in dem zu Beginn Julias Vater Herr Capulet seiner Tochter den von ihm erhofften künftigen Ehemann Paris vorstellen möchte. Allerdings erscheinen zu diesem Ball auch der liebestraurige und spätestens seit dem Maskenball in Julia verliebte Romeo, Sohn aus der Familie Montague, welche mit der Familie Capulet zerstritten ist. Zum Ball taucht er zusammen mit dem heiteren Benvolio – jedoch uneingeladen – mit Maske auf.                      

Der russische Komponist Sergei Prokofjew (bekannt durch „Peter und der Wolf“) schrieb im Jahr 1935 zu diesem Stoff eine umfassende und musikalisch äußerst ausdrucksstarke Ballettmusik.

In der Musik zur Ballszene im ersten Akt spürt man bereits kunstvoll die Tragik dieser Beziehungen. Hier zunächst ein Klangeindruck der Musik: https://www.youtube.com/watch?v=8M-zu5V2wYY   Und hier eine ältere Filmaufzeichnung zu dieser Ballszene  (Romeo und Benvolio kommen später mit Maske dazu) https://www.youtube.com/watch?v=yVwXXPFdoX4

In dem russischen Theaterstück „Maskerade“ aus dem Jahr 1835 gerät eine Dame aufgrund ihrer Maskierung zum Masenball in ein tragisches Missverständins, das ihr das Leben kostet. Der russische Komponist und Zeitgenosse Prokofiews Aram Chatschaturian, (berühmt geworden durch den „Säbeltanz“) komponierte 1941 eine Bühnenmusik dazu. Hier ebenfalls eine Walzer daraus: https://www.youtube.com/watch?v=fPp3Qh-GRqs

Viel heiterer geht es in der Operette „Maske in Blau“ von Fred Raimund aus dem Jahr 1937 (!) zu. Auch hier ist der Auslöser einer nur auf Umwegen gelingenden Liebesbeziehung ein Maskenball, auf dem sich der Maler Armando Cellini in eine blau maskierte Dame verliebt. Das Gemälde, auf dem er die hübsche Unbekannte porträtierte, wollte diese nach einem Jahr bei ihm abholen.  

Ein klanglicher und bildlicher Eindruck aus der Verfilmung  mit Marikka Röck und Paul Hubschmid in den Hauptrollen aus dem Jahr 1953. Die Szene zeigt das Wiedersehen und den Walzer „Maske in blau“  (spannend ist auch das Auftauchen von Liebeskontrahent Cavalotti in der Hälfte der Szene:  https://www.youtube.com/watch?v=bsa7NUibKPk

Übrigens: Aus gleichnamiger Operette stammt auch das berühmte Lied um die temperamentvolle Juliska, welche in einen Freund von Armando verliebt ist und am Ende diesen auch endlich heiraten kann: https://www.youtube.com/watch?v=M8ev_kO1748

Auch in dem berühmten Musical „Phantom der Oper“ gibt es eine Maskenballszene, die ich allerdings musikalisch eher schwach empfinde und hier nicht vorstelle.

Dass uns das Maskenleben auch in den Jazz führen kann, ist eher ungewöhnlich. Dennoch: der amerikanische Musiker und Songwriter Joan Russel (1942-2016) schrieb einen Song, in dem eine Beziehung droht zu zerbrechen, weil das Leben nur noch als Maskerade empfunden wird. „This Masquerade“ wurde berühmt durch den Jazzgitarristen und Sänger George Benson. Bevor wir seine Fassung zum Abschluss hören, empfehle ich zunächst einen Ausflug in die unvergessliche Stimmenwelt der „Carpenters“. Im Gegensatz zu ihren sonstigen Hits interpretierten sie „This Masquerade“ mit ungewohnt jazznahen Flöten- und Klaviersoli. (Das Stück befand sich übrigens auf der Single-Rückseite von „Stop, Mr. Postman“. Viel Spaß beim Chillen mit einem Hauch Nostalgie: https://www.youtube.com/watch?v=5GChYjK8rIk

Und hier die legendäre Acht-Minuten-Fassung von George Benson: https://www.youtube.com/watch?v=sgl1hQmjITY

 

Euer Stefan Reitz