Seit Wochen hängen schwerpunktmäßig im Südteil des Kreisgebiets Plakate im Kontext der Europawahl mit dem Slogan „Israel ist unser Unglück. Schluss damit!“. Sie stammen von der rechtsextremen Partei „Die Rechte“, die als Spitzenkandidatin für die Europawahl die 90-jährige Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck nominiert hat. Mit diesem Slogan wird auf das Zitat „Die Juden sind unser Unglück!“ der antisemitischen Hetzzeitschrift „Der Stürmer“ aus der nationalsozialistischen Zeit angespielt, wo dieser Slogan regelmäßiger Untertitel der Zeitschrift war. Das Zitat geht letztendlich aber auf den deutschen Historiker Heinrich von Treitschke zurück, der diesen Slogan im Jahr 1879 im Kontext des Berliner Antisemitismusstreits formulierte. Damals wie heute ging bzw. geht es bestimmten parteipolitischen Kräften darum, den Antisemitismus wieder als gesellschaftlichen Konsens zu installieren.

Dagegen wehrte sich Neukirchens Bürgermeister Clemens Olbrich und ließ die Plakate in seiner Stadt abhängen. Die Partei „Die Rechte“ drohte, vor Gericht zu gehen. Olbrich bekam den juristischen Rat, klein beizugeben und besser die Plakate wieder aufzuhängen. Stattdessen wünschte sich Olbrich nun von seinem Stadtparlament ein Gegenplakat. Dieses aber verweigerte sich. Nichtsdestotrotz gestaltete das jüdische Sara Nussbaum Zentrum in Kassel ein Gegenplakat.

Thomas Schattner und die Courage-AG der BTHS fanden es einen unerträglichen Zustand, dass keine Gegenantwort zu den rechten Plakaten aus dem Schwalm-Eder-Kreis kam. Deshalb kam Mitte letzter Woche der Gedanke auf, dann macht das die AG in Kooperation mit der EKS. Schulleiter Dr. Ralf Weskamp unterstützte das Projekt sofort begeistert. Margarete Schelkmann, Emily Schwarz, Tim Göbel und Makram Nakad (alle Jahrgangsstufe 10) gestalteten das Plakat nach den Vorstellungen des AG-Leiters, Gunnar Krosky, der auf Klassenfahrt war, holte trotzdem zusammen mit seinem Schulleiter Dieter Goldmann rasch drei betroffene Schulen des Südkreises ins Boot (Carl-Bantzer-Schule, Melanchthon-Schule und Steinwaldschule), zwei weitere Schulen aus Schwalmstadt sagten nur wegen der Kurzfristigkeit des Projektes leider ab.

Das Schulplakat ist als Ergänzung des Plakats des Sara Nussbaum Zentrum gedacht. Diese Idee begeisterte auch sofort Thomas Werner, dem Leiter des kreiseigenen Projekts „Gewalt geht nicht!“. Dieser ermöglichte, dass das Plakatprojekt innerhalb von nur drei Tagen abgeschlossen war, indem er eine Druckerei mit dem Druck der Plakate beauftragte und der Kreis die Kosten übernimmt. Geplant ist nun, in der letzten Woche des Europawahlkampfes die Homberger Geschäftswelt zu beteiligen, um ein eindeutiges Signal zu setzen. Schüler der BTHS und der EKS werden noch in dieser Woche bei allen Geschäftsbetreibern in Homberg anfragen, ob sie das Plakat in ihrem Schaufenster präsentieren können. Denn in diesem Fall ist die Zivilgesellschaft gefragt, ein Zeichen zu setzen: „Nicht mit uns!“. Möglichweise handhaben das die anderen beteiligten Schulen auch so. Gleichzeitig sollen entsprechende Plakate unter die Plakate „Der Rechten“ an den jeweiligen Standorten in Frielendorf (samt Ortsteilen), Neukirchen, Schwalmstadt und Wiera großformatig hängen. Damit folgen alle Beteiligten einem Zitat von Erich Kästner, der einmal sinngemäß gesagt hat: „Einen Schneeball kann ich noch aufhalten, eine Lawine nicht mehr“. Schon einmal wurde in der deutschen Geschichte Rechtsextremen der öffentliche Raum überlassen. Wohin das führte, wissen wir alle durch den Nationalsozialismus. So etwas wollten alle Beteiligten durch die gemeinsame Aktion ein weiteres Mal verhindern. Wehret den Anfängen!

Gunnar Krosky und Thomas Schattner