Am 9. November 1938 wurden in Deutschland jüdische Geschäfte und Synagogen beschädigt und geplündert, in Brand gesteckt und zerstört. Jüdische Bürger wurden misshandelt, verhaftet und ermordet. Nach einer Phase der Diskriminierung ab 1933 begannen damit Verfolgung und Ermordung der Juden in Deutschland und in den besetzten europäischen Staaten unter der Herrschaft des NS-Regimes.

Auch an der Melanchthon-Schule wurde der Opfer des nationalsozialistischen Terrors und der Gewalt gedacht. So fand in der zweiten großen Pause eine kurze Gedenkveranstaltung mit einer Andacht, dem Entzünden einer Kerze und einem Film statt. Dabei erinnerte der Schulpfarrer Uwe Schäfer an die deutschlandweiten Ereignisse der Reichspogromnacht und erwähnte besonders die antisemitischen Gewalttaten in Neukirchen, in Schwalmstadt, wo bereits am 8.11.1938 die Ausschreitungen begannen, sowie in den umliegenden Landgemeinden. Ein Film über ein Interview mit einem Auschwitz-Überlebenden und mit Fotos zum Holocaust verdeutlichte die menschenverachtende Ideologie und den Terror der NS-Diktatur. Die Gedenkveranstaltung endet mit einer Schweigeminute.

Außerdem nahmen Schülerinnen und Schüler des Leistungskurses Geschichte mit Frau Forst an einem Stadtrundgang in Treysa teil, bei dem Bernd Lindenthal über das Pogrom und das Schicksal jüdischer Familien aus Treysa berichtete. Die Führung endete auf dem jüdischen Friedhof.

Am Abend des 9.11.2018 beteiligten sich Melanchthon-Schüler an der Gedenkveranstaltung der Stadt Neukirchen. Wie in den Jahren zuvor begann die Veranstaltung um 18.30 Uhr am Gedenkstein neben der ehemaligen Synagoge und wurde ab 19 Uhr im Rathaus fortgesetzt. Den Rahmen der Gedenkfeier gestalteten Mitglieder des Schulposaunenchors, den Martin Michel leitete, mit den jüdischen Liedern „Schalom chaverim“ (Der Friede des Herrn) und „Hevenu schalom“ (Wir wünschen Frieden). Nach der Begrüßung durch Bürgermeister Olbrich folgte der Beitrag der Steinwaldschule. Dabei stellten drei Schülerinnen die Geschichte der Neukirchner Familie Spier vor. Als jüdische Bürgerwurden die Familienmitglieder im NS-Regime verfolgt und z. T. ermordet.

Der Q1 Leistungskurs Evangelische Religion hatte mit Frau Kraushaar eine Präsentation zu dem Roman „Hiob: Roman eines einfachen Mannes“ vorbereitet, den der jüdische Autor Joseph Roth 1930 publiziert hatte. Während die Q1-Schüler Lisa Allerdings, Nils Fröhlich, Jakob Keßler, Paula Klein, Kathrin Lahr, Viktoria Nierula, Sarah Stiel und Marie-Luise Winter die Romanhandlung vorstellten und mit der biblischen Hiob-Gestalt sowie dem Verfolgungsschicksal des jüdischen Volkes in Beziehung setzten, trugen Charlotte Ide, Lina-Sophie Hegenbart und Emilio Rohles aus der Klasse 10a Auszüge aus dem Roman vor. Deutlich wurde, dass die extremen Leiderfahrungen des biblischen Hiob sowie der Romanfigur Mendel Singer diese zur Auseinandersetzung mit Gott bis hin zur Absage an die Vorstellung eines gerechten und guten Gottes führen. Auch die reale Verfolgungsgeschichte von Juden, insbesondere im 20. Jahrhundert, habe die Frage, warum Gott dies zugelassen habe, besonders neu gestellt. Weitere Ausführungen der Melanchthon-Schüler vertieften die Theodizee-Problematik und stellten einen Bezug zu aktuellen Flüchtlingsschicksalen her.  

(Text: S. Wagner)